Regionaler Nahverkehrsplan des RMV vorgestellt – ein Kommentar von Wilfried Staub

Wilfried Staub ist aktives Mitglied im Landesverband Hessen sowie im Regionalverband Großraum Frankfurt als Stellv. Vorsitzender. Im RMV sitzt er für PRO BAHN im Fahrgastbeirat.
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Der RMV hat am 23. September 2014 in Wiesbaden im Beisein von Minister Tarek Al-Wazir die Fortschreibung des verbundweiten Nahverkehrsplans (RNVP) für die nächsten fünf (bis zehn) Jahre der Öffentlichkeit vorgestellt. So schlecht wie sein Image in der Öffentlichkeit oft dargestellt wird, kann der RMV tatsächlich aber nicht sein, denn die stolze Anzahl von 2,5 Millionen Fahrgästen nutzen die Busse und Bahnen an Wochentagen täglich. Dabei sei einmal dahingestellt, ob sie dies aus freien Stücken und gerne oder aus den verschiedensten Zwängen heraus tun.

Ein Drittel der Fahrgäste entfallen auf die S-Bahnen, ein weiteres Drittel auf die Regional-Expresszüge und Regionalbahnen und das letzte Drittel auf U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse. Der RMV ist, wie alle Redner übereinstimmend feststellten, ein Erfolgsrezept und sein überdurchschnittlicher Deckungsgrad und die Steigerung der Fahrgastzahlen auf der Schiene im Kernsegment des Rhein-Main Gebietes in den zurückliegenden Jahren und die Prognosen bei diesem Beförderungssegment für die Zukunft belegen dies auf anschauliche Weise.

RMV-Foto Vorstellung Regionaler Nahverkehrsplan 2014-09-23

Glücklicherweise hatte man sich seinerzeit frühzeitig von den Plänen für „Frankfurt 21“ verabschiedet. Mit dem Ersatz-Projekt Frankfurt RheinMainplus war man sich sicher, die gleiche Effektivität auf wesentlich preiswerter Weise erreichen zu können. Leider sind aber noch längst nicht alle 2001beschlossenenund 2008 modifizierten Ersatzmaßnahmen in die Tat umgesetzt worden. Das Drehkreuz Frankfurt leidet, was seine Ertüchtigung für die Zukunft betrifft, unter einem beträchtlichen Investitionsstau. Eine ganze Reihe von Zubringerlinien nach Frankfurt hat seine Kapazitätsgrenzen längst überschritten. Der RNVP listet nunmehr erneut eine ganze Reihe von Projekten auf, die dringlich in die Tat umgesetzt werden müssen. Tarek Al-Wazir nannte unter anderem den Ausbau der Kinzigtal- und Main-Weser-Bahn (Baubeginn 2015), verteidigte vehement den Bau der 240 Millionen teuren Station Gateway Gardens (Inbetriebnahme 2019) und machte sich stark für die Verlängerung der S5 nach Usingen, die nordmainische S-Bahn und die Regionaltangente West, wobei er allerdings ganz kategorisch Zuschüsse des Landes bei der Erstellung der Infrastruktur und für den Betrieb dieser dringend notwendigen Entlastungsstrecke, die er als halbe Ringbahn bezeichnete, abgelehnte.
Als eines der wichtigsten Projekte für die Zukunft bezeichnete Professor Knut Ringat die Reform des Tarifsystems, das auf das Gründungsjahr 1995 des RMV zurückgeht. Die enormen Preissprünge im Kreisgrenzen überschreitenden Verkehr soll es in Zukunft nicht mehr geben. Das bedeutet im Gegenzug aber auch, dass sich bestimmte – bisher preiswerter Relationen – dramatisch verteuern werden. Die gesamte Einnahmesituation des RMV darf sich dadurch nicht verschlechtern und der Deckungsgrad, also die Einnahmen aus dem direkten Fahrkartenverkauf, muss, so die Vorgabe der Politik, unverändert bei knapp 60 % liegen.

Zwei Jahre hat die Fertigstellung des längst überfälligen regionale Nahverkehrsplans gedauert. Im abschließenden Anhörungsverfahren wurden etwa 1.500 Kommentare und Anregungen der über 500 Anhörungsberechtigten ausgewertet und eingearbeitet. Welche der 18 Vorschläge von PRO BAHN in welcher Form berücksichtigt wurden, wird erst das ausführliche Studium des 244 Seiten umfassenden Werkes ergeben. Dazu braucht es allerdings noch etwas Geduld. Zwei mit perfider Penetranz ständig wiederholte Forderungen von PRO BAHN sind allerdings endlich in die Tat umgesetzt worden oder werden es mit dem Fahrplanjahr 2016, nämlich die Einführung der Seniorenkarte 65+ bzw. die Ausweitung der Gültigkeit der CleverCard auf das gesamte Kreisgebiet nicht nur, wie derzeit in einzelnen privilegierten Regionen, sondern zukünftig ausnahmslos durch alle Gesellschafter. Dass die in Frankfurt stark verbilligte Schülerkarte sogar zu einem Einnahmeplus führte, ohne dass zusätzliche Leistungen erforderlich sind davon konnte der Frankfurter Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende des RMV seine Kollegen (und die Führungsetage des RMV) überzeugen.

Selbstverständlich spielt die demographische Entwicklung bei der Prognose der zukünftig zu erwartende Verkehrsnachfrage eine entscheidende Rolle. Dabei steht der RMV vor dem Problem dass er für den Ballungsraum Rhein-Main und den angrenzenden Speck Gürtel von ganz anderen Anforderungen ausgehen muss als für den ländlichen Raum. Darmstadt verlangt ganz andere Strukturen als Wiesbaden/Mainz oder die Kreisstadt Bad Homburg. Auf die Altersstruktur der Fahrgäste muss insbesondere im Schwachlast- und Freizeitverkehr verstärkt Rücksicht genommen werden. Dies bedeutet, dass einer der Schwerpunkte die beschleunigte barrierefreie Umgestaltung der Bahnhöfe und der Bushaltestellen sein wird, wobei es gilt, keine Kompromisse einzugehen.

Alle angestrebten Maßnahmen müssen zudem auf einer soliden Basis finanzierbar sein. Al Wazir fordert von Berlin ein Nachfolgefinanzierungsmodell für das auslaufende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, und zwar frühzeitig genug, damit den Verbünde eine verlässliche Planungsgrundlage zur Verfügung steht. Der Minister schwärmte abschließend von der Vision eines besten Express, den wir hierzulande in Form der unterschiedlichsten Regionalexpresszüge vom Prinzip her allerdings schon längst haben, auch wenn die die Anschlüsse der einzelnen Linien untereinander besser aufeinander abgestimmt sein könnten, was aber derzeit leider an der hohen Streckenauslastung durch Fern- und Güterzüge scheitert. Schließlich sollen verstärkt Schnellbusse zwischen Oberzentren eingesetzt werden, die nicht auf direktem und kurzem Weg nicht mit der Schiene verbunden sind.

Der Regionale Nahverkehrsplan hat quasi Gesetzeskraft, was aber nicht unbedingt damit gleichzusetzen ist, dass alle aufgeführten Projekte in dem gesteckten Zeitrahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Dass Papier geduldig ist, belegen dabei seine Vorgängermodelle. Was aber in diesem Masterplan nicht aufgelistet ist, hat praktisch keine Chance,in den nächsten Jahren realisiert zu werden. Der Worte sind genug gewechselt, nun müssen nur noch die entsprechenden Taten folgen. Und hier verspricht der Fahrplanwechsel im Dezember doch eine Vielzahl von erfreulichen Verbesserungen.

Wilfried Staub
23. September 2014

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