PRO BAHN Hessen zu Gast beim Hess. Verkehrsminister Tarek Al-Wazir

Fahrgastverband und der Stellv. Ministerpräsident des Landes Hessen wollen den Kontakt zwischen der Hess. Landesregierung und PRO BAHN verstetigen.

Beim Besuch im alterwürdigen Bau des Ministeriums in Wiesbaden. Von links: Thomas Kraft (Landesvorsitzender PRO BAHN Hessen, Thomas Schwemmer (Regionalvorsitzender PRO BAHN Großraum Frankfurt, Minister Tarek Al-Wazir und Wilfried Staub (PRO BAHN und Sprecher RMV-Fahrgastbeirat).

Beim Besuch im alterwürdigen Bau des Ministeriums in Wiesbaden. Von links: Thomas Kraft (Landesvorsitzender PRO BAHN Hessen, Thomas Schwemmer (Regionalvorsitzender PRO BAHN Großraum Frankfurt, Minister Tarek Al-Wazir und Wilfried Staub (PRO BAHN und Sprecher RMV-Fahrgastbeirat).

Der Fahrgastverband PRO BAHN war vor kurzem im Gespräch mit dem Hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Von PRO BAHN machten sich Thomas Schwemmer (Regionalvorsitzender Großraum Frankfurt), Thomas Kraft (Landesvorsitzender Hessen) und Wilfried Staub (Sprecher RMV-Fahrgastbeirat) auf den Weg nach Wiesbaden ins Ministerium. An dem Gespräch nahmen auch zwei Mitarbeiter des Ministeriums teil.

Minister Al-Wazir wies beim Einstieg in das rund zweistündige Gespräch auf die aus seiner Sicht Erfolge der etwas mehr als einem Jahr im Amt befindlichen schwarz-grünen Landesregierung. Er erwähnte hierbei die Revitalisierung von Bahnstrecken, das Vorantreiben der Planungen für den Ausbau der S-Bahn Rhein/Main (nordmainische S-Bahn Frankfurt/Main-Hanau, viergleisiger Ausbau Frankfurt/West-Friedberg, das Dialog-Forum für Hanau-Fulda/Würzburg und das Planungsverfahren ICE-Strecke Rhein/Main-Rhein/Neckar und die Initiativen im Bereich Schüler-Ticket mit dem Ziel einer landesweiten Clever-Card.

Thomas Kraft sprach für PRO BAHN in einem Abschnitt das Thema „Unterfinanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an und hierbei die aktuelle politische Debatte zur Weiterentwicklung der Regionalisierungsmittel, welche der Bund den Ländern für den ÖPNV zur Verfügung stellt. Hierzu ist man sich zwischen Ministerium und PRO BAHN einig, dass es unausweichlich ist, dass die Regionalisierungsmittel von derzeit rund 7,3 Mio. Euro in einem Schritt auf 8,5 Mio. Euro und einer anschließenden jährlichen Steigerung von rund 2,5% erhöht werden müssen. Jedoch sehen Kraft und PRO BAHN auch die Notwendigkeit der Aufstockung der Bundesmittel durch weitere Landesmittel in Hessen. Die meisten anderen Bundesländer stockten die Regionalisierungsmittel auf, so die PRO BAHN-Vertreter. Hierzu äußerte sich der Verkehrsminister für die aktuelle Situation zurückhaltend, wenn man aktuell schon Landesmittel bereitstelle, so würde das die Verhandlungsposition gegenüber dem Bund schwächen.

Ein weiteres Thema, die Zukunft des Linienbusverkehrs auf dem Land. In weiten Teilen des Landes, außerhalb des Rhein-Main-Ballungsraums, der Sonderstatusstädte und der Nordhessen-Metropole Kassel hat es bereits Abbestellungen gegeben, viele Orte sind von der ÖPNV-Erschließung mittlerweile abgeschnitten. Al-Wazir gab hierzu leider keine Antworten, welche eine Lösung der Probleme erwarten lassen. Die vielerorts in der Probephase befindlichen Modelle wie Anruf-Sammel-Taxi, Anruf-Linien-Taxi, Bürger-Bus, Mobilfalt, Taxi-Mitnahme-Systeme führte der Minister an. Auf einen Linienbus könne man in manchen Orten nicht mehr setzen, man müsse aber zu jedem Ort hin- und wieder wegkommen. Die PRO BAHN-Vertreter stellten dem entgegen, dass es ohne eine Subventionierung durch die öffentliche Hand keines der Modelle funktioniere, da könne man auch weiter einen Linienbus fahren lassen. Erhebungen zeigten, dass die vom Minister angeführten Beförderungsmodelle allesamt nicht mal ansatzweise von der Bevölkerung angenommen werden, weil dabei zusätzliche Barrieren gegeben seien, die über das Warten an der Bushaltestelle hinausgingen.

Das Thema des Ausbaus des Schienenpersonennahverkehrs, hier speziell die Reaktivierung von Bahnstrecken in Hessen, dies brachte der PRO BAHN Landesvorsitzende Thomas Kraft ins Spiel. Er verwies auf Erfolge in anderen Bundesländern wie Niedersachsen, Bayern oder Rheinland-Pfalz. In letztgenanntem Bundesland hat es bereits 10 Reaktivierungen gegeben. Hierbei zeigte sich der Minister zögerlich, man wolle erst mal die Reaktivierung der Strecke Frankenberg-Korbach im September 2015 abwarten (Anmerkung: Die erste Reaktivierung einer kompletten Bahnstrecke in Hessen). Es sei ein Kraftakt gewesen, diese Reaktivierung überhaupt „auf die Schiene zu bringen“ und nun müssten den Berechnungen und Erwartungen erst in angemessener Zahl Fahrgäste kommen, um sich gegenüber den Kritikern der Reaktivierung auch weiterhin positionieren zu können. Tarek Al-Wazir nannte jedoch die Reaktivierung der Aartalbahn Wiesbaden-Bad Schwalbach-Zollhaus-Diez für ein anstrebenswertes Projekt, welches höchstwahrscheinlich auch zum Zuge komme, gerade weil der Streckenteil in Rheinland-Pfalz ja bereits vor der Reaktivierung stehe. Er, Al-Wazir möchte aber auch keinem der in Hessen angedachten Projekte heute und in nächster Zeit eine Absage erteilen. Die PRO BAHN-Vertreter regten an, schon jetzt im viel stärkeren Maße die örtlichen Bürgerinitiativen einzubinden, welche sich für die Wiederinbetriebnahme einsetzten. Derzeit würden nur einseitig Planungsbüros und Nahverkehrsträger einbezogen. Integrierte Konzepte, in denen der Zug im Mittelpunkt stehe und andere Verkehrsmittel bis hin zum Rad intelligent vernetzt sind, damit kommen auch mehr Menschen dazu, im Alltag die Bahn zu nutzen. „So bestehe auch Hoffnung für die Aartalbahn, sondern auch für die Horlofftalbahn, die Lumdatalbahn, die Dietzhölztalbahn und auch die Kanonenbahn im Abschnitt Treysa-Malsfeld“, so die drei Vertreter des Fahrgastverbandes.

Thomas Kraft führte auch den fortwährenden Rückbau von Gleisanlagen entlang weiterhin bestehender Strecken an und forderte gegenüber dem Minister, zumindest in Hessen für eine gesetzliche Bestandssicherung aller noch vorhandenen Gleisanlagen zu sorgen. Besser sei natürlich ein bundesweites Bestandssicherungsgesetz.

Auch der laufende Fahrplan wurde thematisiert. Hier gibt es im schienengebundenen Nahverkehr in Hessen einiges an Reformbedarf. Angesprochen wurde die Regional-Express-Verbindung Wiesbaden-Mainz-Darmstadt-Aschaffenburg, wozu der Regionalverband Starkenburg einen umfassenden Verbesserungskatalog vorgelegt hat. Zudem führten die PRO BAHN-Vertreter die Main-Weser-Bahn an, auf der durch die Zeitverlagerung des Intercity (IC) um jeweils 30 Minuten ein unpassender Fahrplan entstanden ist. Ein weiterer Schwerpunkt zum Thema aktueller Fahrplan, die mangelnden Anschlüsse im Schienennahverkehr mit anderen Bundesländern, so z.B. in Siegen von Mittelhessen nach Nordrhein-Westfalen.

Wilfried Staub führte einige Probleme im Bestandsnetz der S-Bahn Rhein/Main an. Das Netz sei schon lang an der Kapazitätsgrenze. Wenn man neu baue, wie z.B. in Frankfurt-Höchst, dann müsse man dies auch leistungssteigernd tun, dies sei oftmals nicht der Fall.

Auch das Thema Fernbusse wurde nicht außen vorgelassen. Hier stellte Minister Al-Wazir die Theorie auf, dass man mit der Liberalisierung des Fernverkehrsmarkts insbesondere das Ziel verfolgt habe, dass auch Autofahrer auf den Fernbus umsteigen. Dies widerlegten die Vertreter von PRO BAHN und zeigten auf, welche Rückgänge nicht nur der Fernverkehr der Deutschen Bahn, sondern auch die langstreckigen Regional-Express-Linien zu verzeichnen hätten. Für den marktradikal und komplett eigenwirtschaftlich betriebenen Fernbusmarkt dürfe es keine kostenlose Bereitstellung von Infrastruktur geben, wie z.B. durch den kommunal finanzierten Bau von Fernbushalteanlagen geben, ebenso müsse ein Streckenpreis (Maut) erhoben werden, welcher im Falle einer Autobahnmaut deutlich höher ist wie der des PKW. Dem stimmte der Minister uneingeschränkt zu und sagte auch zu, sich entsprechend dafür einzusetzen. Dem Minister wurde die inzwischen vom Bundesverbandstag des Fahrgastverbandes PRO BAHN verabschiedete Resolution Fernbus überreicht. Hierin sind nicht nur die Kernforderungen nach Maut und Stationspreis enthalten, sondern auch das Thema Fahrgastrechte und gesetzliche Rückerstattungspflicht beim Fernbus aber auch Themen wie Fahrgastinformation und durchgängige Reisekette. Alles stellt die Bahn bereits im Sinne des Kunden sicher, jedoch nicht der Fernbus.

Fazit des Besuchs: PRO BAHN Hessen hat auf sich aufmerksam gemacht und gezeigt, welche Personen in Verantwortung stehen und den Namen PRO BAHN mit Inhalt füllen. In dem ersten Gespräch war nicht zu erwarten, dass es zu einer vollkommenen Überzeugungsarbeit unserer Auffassungen und Forderungen kommt. Beide Seiten haben signalisiert, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und das eine oder andere Thema hat es durchaus in sich, in absehbarer Zeit wieder angesprochen zu werden. In der Zwischenzeit sieht PRO BAHN einen besseren Draht als bisher gegeben, um innerhalb des Ministerapparats die eine oder andere Idee voranzutreiben und auch durchzusetzen.

In jedem Fall soll ein dauerhafter Kontakt aufgebaut werden, was allein schon ein schönes Ergebnis eines einzelnen Gesprächs ist.

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