Neues „Regionales Schienenbündnis“ macht sich für Stadt-Land-Bahn auf Eisenbahn-Spurweite stark

Darmstädter Echo vom 29.06.2017

Eine Straßenbahn vor dem Hauptbahnhof in Darmstadt.

Eine Straßenbahn vor dem Hauptbahnhof in Darmstadt.

Freunde des Eisenbahnverkehrs haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, die Darmstädter Innenstadt per Schiene mit den östlichen Nachbargemeinden im Landkreis Darmstadt-Dieburg zu verbinden. Der sinnvollste Weg dafür sei die sogenannte Stadt-Land-Bahn, die innerhalb der Stadtgrenzen als Straßenbahn und außerhalb als Regionalzug verkehrt: Dies gehört zu den Forderungen, mit denen sich das neu gegründete „Regionale Schienenbündnis“ für Darmstadt und den Landkreis in die verkehrspolitische Diskussion einschalten will.

Für Darmstadt sieht das Konzept des Bündnisses eine zweispurige Gleisverbindung vor, die am Ostbahnhof aus Südrichtung von der Odenwaldbahn abzweigt, vor dem ehemaligen Bahnhofsgebäude westwärts in die Landgraf-Georg-Straße abbiegt und in einer Schleife um das Residenzschloss endet. Im Unterschied zu bisherigen Überlegungen soll es sich um Gleise in der Eisenbahn-Normalspurweite handeln, nicht um schmalere Straßenbahngleise.

Sammelbusse statt Straßenbahn geplant
Die ursprünglich von Stadt und Landkreis angestrebte Straßenbahnverbindung nach Roßdorf und Groß-Zimmern war an einer gutachterlichen Nutzen-Kosten-Untersuchung gescheitert: Demnach wäre das Projekt in der bisherigen Form weit von einer Förderwürdigkeit entfernt gewesen. Derzeit wird stattdessen ein Sammelbussystem in den Ostkreis geplant.
In der Landgraf-Georg-Straße werden seit geraumer Zeit im Zuge der schrittweisen Fahrbahnsanierung alte Straßenbahngleise entfernt. In den Sommerferien soll es damit im Kreuzungsbereich Pützer- / Teichhausstraße weitergehen. Bislang, ärgert sich Uwe Schuchmann vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), sei das Konzept einer Stadt-Land-Bahn von der Politik nicht ernst genommen worden. Wer wolle schon einen Zug in der Innenstadt, habe es geheißen. Dabei sei eine solche Bahn, wie sie beispielsweise in Chemnitz erfolgreich eingesetzt werde („Chemnitzer Modell“), optisch von einer Straßenbahn kaum zu unterscheiden. Auch barrierefreies Ein- und Aussteigen sei möglich.

Nach dem Konzept des Regionalen Schienenbündnisses sollte es tagsüber sechs Fahrten stündlich ab Friedensplatz geben. Zwei davon, also im 30-Minuten-Takt, sollen über Bessunger Forsthaus und Roßdorf fahren – auf der vorhandenen Bahntrasse, die dafür nur reaktiviert werden müsste. Ohnehin habe die Dadina-Verbandsversammlung auf Initiative des Landes beschlossen, die Herrichtung der alten Trasse fachlich prüfen zu lassen, sagte Schuchmann.

Ein weiterer Zug ab Friedensplatz soll nach dem Einfädeln am Ostbahnhof auf der Odenwaldbahn Richtung Erbach fahren und so das dortige Angebot ergänzen. Die drei verbleibenden Züge enden am Ostbahnhof, zum Umsteigen in die dort verkehrenden Regionalbahnen. „Mit weniger als drei Kilometer Neubaustrecke schaffen wir eine mögliche Stadt-Land-Bahn für die ganze Region“, stellt VCD-Vorstand Schuchmann in Aussicht. Die Kosten seien bislang nicht ermittelt. Bisherige Kalkulationen legen nahe, dass sie sich allein für den Abschnitt innerhalb der Stadt über 20 Millionen Euro bewegen. Parkhäuser oder Park-and-Ride-Plätze an den Darmstädter Stadtgrenzen, wie sie von der Rathauskoalition geplant werden, lehnt das Regionale Schienenbündnis ab. Dadurch würden Pendler an den Stadtrand „gezogen“, statt sie mit Bus und Bahn vor Ort abzuholen, kritisierte Hans Jägermann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mit Klimaschutz sei dies nicht zu vereinbaren.

Das neu gegründete Bündnis präsentierte am Mittwoch noch weitere Anregungen, vornehmlich Einzelprojekte zum Schienennahverkehr im Landkreis. Ein präzisiertes und durchgerechnetes Konzept soll nach der Bundestagswahl im September folgen. Am Rand der Versammlung wurde bekannt, dass der langjährige Regionalvorsitzende des Fahrgastverbands PRO BAHN, Dr. Gottlob Gienger, am Mittwoch gestorben ist.

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