Groß-Bieberau – Reinheim – Die Fahrgäste wollen ohne Umstieg an ihr Ziel

Gemeinsame Pressemitteilung von Odenwaldbahn-Initiative, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Fahrgastverband PRO BAHN

Die Stadt Groß-Bieberau treibt weiterhin eine Entwidmung der stillgelegten Gersprenztalbahn voran [1]. Damit hat sich nun die Kommunalpolitik in Reinheim befasst. Aus diesem Grund hatten BUND, Odenwaldbahn-Initiative und PRO BAHN erneut zu einem Infoabend eingeladen. Die Verbände halten an Ihrer Forderungen für einen bedingungslosen Erhalt der gewidmeten Bahntrasse fest.

Das gut drei Kilometer lange Reststück der Gersprenztalbahn, die einst Reinheim mit Reichelsheim verbunden hat, beschäftigte am 4. April interessierte Bürgerinnen und Bürger im Reinheimer „Hofgut“. Im Vordergrund stand dabei die Bedeutung eines Trassenerhalts für Reinheim: „Die Parkkapazitäten am Reinheimer Bahnhof sind fast erschöpft, die Zubringerbusse durch Stau oft unpünktlich.

Ein Zug von Groß-Bieberau, der in Reinheim an die Odenwaldbahn-Züge gehängt würde, könnte dagegen komfortable Direktverbindungen nach Darmstadt und Frankfurt herstellen. Davon könnte auch der Reinheimer Südwesten profitieren, wenn dort ein Bahnhaltepunkt entstünde“, so Peter Castellanos Vorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN Starkenburg. „Durch die Direktverbindung nach Frankfurt würde eine Anfahrt und ein Umstieg in Reinheim entfallen. Das ist wichtig, denn Fahrgäste hassen Umstiege“.

Bestätigt wurde das von einer Teilnehmerin, die täglich den Weg von Brensbach nach Darmstadt pendelt: Da sich Bus oder Bahn hin und wieder verspäten, hätte sie ihre Anschlüsse regelmäßig verpasst und zu lange auf die nächste Fahrtmöglichkeit warten müssen. So kehrte sie Bus und Bahn den Rücken. Für sie wäre es „ein Traum, nicht umsteigen zu müssen“.

Die Trasse aus strategischen Gründen bedingungslos zu sichern – gleich ob die laufende Studie eine Reaktivierungsempfehlung abgibt oder nicht – fordern die Verbände weiterhin. „In der Vergangenheit wurden oft ungerechtfertigte Bedenken oder angeblich fehlenden Bedarf bei stillgelegten Bahnlinien festgestellt. Die Zeit zeigt mittlerweile an vielen Beispielen, dass solche Vorurteile mit Vorsicht zu genießen sind“, gibt Uwe Schuchmann, Sprecher der Odenwaldbahn-Initiative zu bedenken. Vor diesem Hintergrund könne nur ein ausführliches Konzept und darauf basierende Nutzen-Kosten-Untersuchung valide Aussagen über das Reaktivierungspotenzial der Gersprenztalbahn treffen. Eine solche sei aktuell weder in Planung, noch in Arbeit. Eine strategisch kluge Entscheidung nannte Schuchmann die Trassensicherung für die 1983 abgebaute Strecke Darmstadt Ost – Groß-Zimmern: Obwohl mehrere Studien kein förderfähiges oder kurzfristig realisierbares Schienenprojekt erbrachten, werde diese Trasse weiterhin als Zukunftsoption freigehalten. Eine Entwidmung der landesplanerisch zu sichernden Trasse der Gersprenztalbahn würde zudem die langjährigen finanziellen Bemühungen zur Aufrechterhaltung der Anschlussweiche in Reinheim „von einem Tag auf den anderen zunichtemachen“.

Für „einmalig“ hält Frank Schüler, Sprecher des BUND, die Chance der Gersprenztalbahn: Nur auf der heutigen noch gewidmeten Trasse ist eine Bahnverbindung von Reinheim ins Gersprenztal leicht wiederherstellbar, da keine unüberwindbaren Zulassungsverfahren für eine Wiederinbetriebnahme erforderlich seien. Nicht ohne Grund haben politische Gliederungen ([2], [3]) Gemeindevertretungen von Reichelsheim und Brensbach ([4], [5]) sowie der Landrat des Odenwaldkreises Frank Matiaske (SPD) [6] die Zukunft im Blick und plädieren für einen Erhalt der Strecke.

Unter den Teilnehmern waren keinesfalls nur Befürworter einer Bahnreaktivierung. So wurde die Frage geäußert, ob die Schranke am Reinheimer Bahnhof nach einer Wiederinbetriebnahme der Gersprenztalbahn häufiger und länger geschlossen bleiben würde? Hierauf geben die Verbände zu bedenken, dass sie sich aktuell „nur“ für die Verhinderung der Entwidmung – ihrer aktuellen „Minimalforderung“ – einsetzen. Welche konkreten Auswirkungen der mögliche Folgeschritt – nämlich die Reaktivierung – hätte, könne nur eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Thematik liefern, die in ehrenamtlicher Arbeit nicht leistbar sei. Die Frage wurde jedoch dankend entgegengenommen und unterstreicht die Klärung vieler Unklarheiten anhand einer ausführlichen Untersuchung.

Die Diskussion in Reinheim und Anfang des Jahres in Groß-Bieberau zeigt: Für eine sachgemäße Entscheidung über das für und wider einer Entwidmung, müssen sich viele Akteure mit ihren Interessen einig werden. Geht es nach den Verbänden, soll die gesamte Region in einer „Gersprenztalbahn-Konferenz“ zusammenkommen, einem Diskussionsforum, das alle Beteiligten zusammenführt. Neben Vertretern der betroffenen Kommunen sollten die beiden Kreise Darmstadt-Dieburg und der Odenwaldkreis, das Land, die ÖPNV-Organisationen sowie die Umwelt- und Verkehrsverbände in einen Diskurs treten. Nur so ist nach Einschätzung von BUND, PRO BAHN und Odenwaldbahn-Initiative eine sachgemäße Entscheidung über die Zukunft der Gersprenztalbahn möglich. Deshalb bat Moderator Frank Ludwig Diehl die anwesenden Fraktionsvertreter von SPD, Reinheimer Kreis und DKP abschließend darum, eine solche Konferenz zu unterstützen.

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