Abendliche Reduzierungen im Bahnnetz beider Städte schränken die Region auf der Schiene im Umkreis von 100 km massiv ein
Die Dramaturgie in den Fehlentscheidungen der verantwortlichen Tochterunternehmen des Deutsche Bahn Konzerns bedarf endlich eines schnellen Eingreifens. Dass betreffende Stellwerke in Frankfurt am Main und Hanau seit nunmehr zehn Monaten tageszeitweise nicht besetzt sind und dieser Zustand noch bis Ende September 2025 so bleiben soll, kann nicht so bleiben. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert mit aller Deutlichkeit eine schnellere Beendigung dieses Notstands.
Worum geht es? Seit Ende März 2024, unmittelbar nach den Einschränkungen aufgrund des GdL-Streiks, sind in Frankfurt am Main zwischen 20:00 Uhr und 23:00 Uhr Teile der Stellwerke nicht besetzt. Nur ein Teil der zugverkehrssteuernden Stellen ist besetzt. Folge ist, dass ein großer Teil des Regional-zugverkehrs seit fast 10 Monaten nicht erbracht werden kann. Auf der Main-Weser-Bahn (Frankfurt-Friedberg-Gießen-Marburg-Kassel) bedeutet dies, dass die Züge des Mittelhessen-Netzes (RB40/RB41/RB37) erst ab Friedberg, einzeln ab Bad Vilbel und Butzbach gen Norden eingesetzt werden bzw. dort wenden. Für die 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner in Mittelhessen, die zu großen Teilen den wichtigen Umsteigeknoten Gießen erreichen wollen, gibt es statt eines Zuges alle 20–30 Minuten künftig nur noch eine Verbindung im 60-Minuten-Takt. Die Fahrgäste müssen auf den RE30 und den RE98/99 ausweichen, der nur in Friedberg und Gießen hält. Gleiches gilt für die Achse Frankfurt-Höchst-Hofheim-Niedernhausen-Limburg. Die RE20/RB22 müssen in Hofheim (Taunus) wenden. Die Fahrgäste werden auf die S2 verwiesen. Betroffen ist ebenfalls die RB12 Frankfurt Hbf-Königstein welche von Königstein kommend vorzeitig in Frankfurt-Höchst endet. Auch die südlich die Mainmetropole ansteuernden Regionalzüge haben unter den Fahrplanstreichungen zu leiden. In dem Zeitraum fahren die Züge der Odenwaldbahn (RB82 und RE85) nicht nach Frankfurt, sondern müssen vorher wenden.
Die Folge sind so gut wie immer überfüllte Züge. Finden Veranstaltungen in Frankfurt statt, kann man nicht mehr nur von Überfüllung sprechen, sondern würdeloser Stückgutverladung am Rande der Körperverletzung.
In Hanau stellt sich die katastrophale Situation so da, dass die Züge der Strecke Friedberg-Nidderau-Hanau nicht in den dortigen Hauptbahnhof einfahren können. Die Züge fahren nur bis Hanau Nord und wenden dort. Zeitweise sind aber auch die Stellwerksposten aus und in Richtung Aschaffenburg nicht ausreichend besetzt, was dann auch den Fernverkehr massiv beeinträchtigt. Komplizierte Umleitungen über Darmstadt oder das außergewöhnliche Befahren von Gleisen im Vorfeld von Hanau mit Fahrtrichtungswechseln auf freier Strecke sind keine Seltenheit mehr.
Mit deutlicher Kritik und als gesamtgesellschaftlich nicht akzeptabel bezeichnet der PRO BAHN Landesverband Hessen die verklärenden, verharmlosenden, ja in Teilen als Unwahrheit zu bezeichnenden Informationen im Internet. Es werde mit voranschreitender Zeit die Information über den Beeinträchtigungszeitraum stets so dargestellt, als sei die Situation erst „vor kurzem“ eingetreten. Fakt ist, speziell dieser Bahnnotstand mit Leitungsmanagementversagen in Frankfurt am Main und Hanau besteht seit Ende März 2024. Die Fahrgäste und die Gesamtgesellschaft werden zwischenzeitlich für dumm verkauft, als wenn die Situation erst seit dem 30.09.2024 entstanden sei, der Hammer dann, dass das Datum auf den 30.11.2024 geändert wurde.
Man hätte der Sonntagsrede des DB-Konzernbevollmächtigten Dr. Klaus Vornhusen schon im Frühjahr 2024 keinen Glauben schenken sollten, der damals die guten Aussichten verkündete, dass sich mit den Ausbildungsabsolventen im September 2024 danach die personellen Probleme entscheidend abmildern. Das Gegenteil ist der Fall, die Personalengpässe sind noch schlimmer als vor einem Jahr. Zudem darf bezweifelt werden, ob gerade der stark frequentierte Knoten Frankfurt am Main mit frisch ausgebildeten Kräften zum nicht unerheblichen Teil besetzt werden kann. Das neue Datum 30.09.2025 wurde nicht zufällig gewählt, sondern ergibt sich daraus, dass man erneut auf den Abschluss des nächsten Ausbildungsjahrgangs setzte, um die bestehenden Lücken zu schließen. Sonntagsreden allein, diesen schenkt der Fahrgastverband PRO BAHN keinen Glauben, sondern sieht Bedarf der Darlegung der kompletten Personaldecke und Personalentwicklung des operativen Geschäftsfeldes der Bahn.
Auch die Informationspolitik über Fahrplanänderungen stellt sich ebenfalls als katastrophal dar. Angekündigte Zeiträume des eingeschränkten Regionalzugverkehrs in Frankfurt und Hanau hat man verstreichen lassen. Die elektronischen Auskunftsplattformen weisen ab dem Zeitpunkt den eigentlichen Fahrplan aus, welchen der unbedarfte Fahrgast dann auch erwartet. Insiderinnen, Insider und täglich Reisende wissen natürlich, dass vor dem gesellschaftspolitischen Offenbarungseid stehende Bahnwesen wird es auch am nächsten Tag nicht hinbekommen. Wochen sind im Oktober und Dezember 2024 vergangen, bis dass in den Datenbanken der reduzierte Fahrplan für den verlängerten Zeitraum bereitgestellt wurde. Bekannt ist, dass die Bahnverkehrsunternehmen Veränderungen nur wenige Male in der Woche geänderte Fahrplandaten öffentlich bereitgestellt bekommen. Auch das sog. „Europäische Fahrplanzentrum“, welches diese Bereitstellung verantwortet, ist in der Verantwortung des DB-Konzerns. Fazit aus all der schleppenden Fahrplaninformation ist, dass selbst in Zeiten der Schreibmaschine und des Pferdes als Verkehrsmittel die interessierte Bevölkerung schneller informiert war als im Bahnwesen Deutschlands der Jahre 2024 und 2025.
PRO BAHN Hessen fordert die Deutsche Bahn unmissverständlich auf, unter der Berücksichtigung der gesetzlich notwendigen Einarbeitungszeiten, vorhandenes Personal aus anderen Teilen Deutschlands abzuziehen und in Frankfurt am Main und Hanau einzuarbeiten, so dass ein Vollbetrieb des wichtigsten Schienensektors in Deutschland im Frühling 2025 wieder personalsicher gewährleistet werden kann. Der Fahrgastverband PRO BAHN möchte nicht die eine Stadt gegen die andere ausspielen, auch nicht Stadt gegen Land. PRO BAHN tritt für gleiche Lebensverhältnisse überall ein, von welchen Deutschland weit entfernt ist. Es ist klar, dass sich der herbeigeführte Notstand nicht überall kurzfristig lösen lässt. An den neuralgischen Punkten des bundesweiten Schienennetzes, wie sie u.a. Frankfurt und Hanau erstrangig darstellen, dort muss kurzfristig binnen Wochen bzw. weniger Monate eine Lösung herbeigeführt werden.
Der Bahnnotstand muss endlich aufgearbeitet werden. Es muss eine Neustrukturierung des Schienenverkehrswesens aufgebaut werden, dass mittelfristig überall diese Missstände nicht mehr vorhanden sind. Der PRO BAHN Landesverband Hessen kündigt deutlichen öffentlichen und gesellschaftlichen Protest gegen das Missmanagement des öffentlichen Verkehrswesens, voran der Deutschen Bahn an. Die Bevölkerung ist eingeladen, sich bei den Protesten einzubringen.
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Thomas Kraft, Landesvorsitzender
Philipp Loth, Stellv. Landesvorsitzender