PRO BAHN sieht Ernüchterung und Rückbau, damit kein zukunftsorientiertes Handeln zum Fahrplanwechsel im Lahn-Dill-Kreis

Züge der Sieg-Dill-Bahn in den Ortsteilen von Haiger und Linienbusse im Stadtgebiet Aßlar sowie im Gemeindegebiet Ehringshausen werden zusammengestrichen.

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hatte im Lahn-Dill-Kreis noch nie eine gute Stellung. In der gängigen Übung des Niedergangs setzt dies nun der Fahrplanwechsel zum 13./14.12.2014 fort.

Als Ausverkauf des ländlichen Raums ist die Streichung der Sonntagsverbindungen auf der Sieg-Dill-Bahn durch den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) zu sehen, so Thomas Kraft vom Fahrgastverband PRO BAHN. Dies sind die Verbindungen, welche von Au an der Sieg kommend ab Siegen alle Unterwegshalte zwischen Siegen und Dillenburg bedienen. Nun werden fortan die Stationen Rudersdorf (NRW) aber insbesondere die Stadtteilstationen von Haiger, nämlich Dillbrecht, Rodenbach und Sechshelden nicht mehr angefahren.

Sieg-Dill-Bahn in Dillenburg

Er fährt nun seit Mitte Dezember 2014 nicht mehr täglich, ein Zug der Sieg-Dill-Bahn in Dillenburg.

Die verantwortliche Gesellschasft für den Linienbusverkehr der Region, die Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill-Weil (VLDW) hat natürlich kein alternatives Busangebot aufgebaut. Es gibt somit nur noch die Regional-Express-Züge der Hessischen Landesbahn (HLB) zwischen Dillenburg, Haiger und Siegen. Somit ist der gesamte nördliche Lahn-Dill-Kreis nicht mehr an Sonn- und Feiertagen an die Verkehrsinfrastruktur außerhalb des PKW angebunden. Als Grund für die Streichungen der Sonntagsfahrten auf der Sieg-Dill-Bahn wird die geringe Auslastung ins Feld geführt. Nach dem wahren Grund schaut man nicht. Es gibt weder in Dillenburg, noch in Haiger eine passende Umsteigemöglichkeit in andere Züge, wie den Regional-Express-Verbindungen nach Frankfurt. Hätte man hier für eine durchgängige Reisekette gesorgt, so würden sicherlich mehr Menschen auch an Sonn- und Feiertagen diese Züge nutzen, so der PRO BAHN-Vertreter Thomas Kraft aus Lahnau, der auch Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes ist.

Wie man unter den Umständen den ländlichen Raum stärken und die Abwanderung mit massiven Einwohnerrückgängen verhindern will, diese Frage ist den Dezernenten des Lahn-Dill-Kreises zu stellen, die die Verantwortung tragen. Der Landrat des Lahn-Dill-Kreises, Wolfgang Schuster, verbreitet in seiner üblichen Art viel lieber Volksfeststimmung als der Situation ins Auge zu sehen, dass „sein Landkreis“ in Sachen Daseinsvorsorge und Infrastruktur immer mehr ins Abseits gerät. Da hat anscheinend der Kreis-Verkehrsdezernent Heinz Schreiber auch keine andere Handlungsoption, auch wenn seine Partei andere Grundsätze im Verkehrswesen verfolgt.

Bei all dem nicht genug, weiter südlich entlang der Dill geschieht der weitere Ausverkauf. Die Linie 471, welche zwischen Wetzlar und Katzenfurt bedient, wird an Samstagen, Sonn- und Feiertagen eingestellt. Man bezeichnet die Linie 471 als Parallelverkehr zum Schienennetz. Absoluter Quatsch aus Sicht von PRO BAHN, denn die Orte Aßlar, Werdorf, Ehringshausen und Katzenfurt haben sich in ihren Siedlungserweiterungen weg von den Bahnhöfen entwickelt. Die Menschen haben nun Entfernungen von 2 km bis zu den Bahnhaltepunkten an den Tagen zu Fuß zurückzulegen, an denen kein Bus fährt. Dillheim, Daubhausen und Berghausen sind nun nur noch von Montag bis Freitag mit dem Linienbus zu erreichen, sie verfügen über keine Bahnstation.

Man darf gespannt sein, wie es mit anderen „angeblichen“ Parallelverkehren zur Schiene aussieht. Die Linien 120 und 125, die die nördliche Lahnseite der Städte Solms und Leun erschließen, sind aus Sicht von PRO BAHN in großen Teilen stark gefährdet.

Andere Änderungen im Linienbusverkehr sind von geringerer Bedeutung, jedoch bleibt zu erwähnen, dass man den Kahlschlag in anderen Kommunen des Lahn-Dill-Kreises bereits vor Jahren vollzogen hat. Nachbarorte zum Landkreis, wie der Gießener Stadtteil Lützellinden, welcher traditionell enge Bindungen zu Wetzlar hat, wird mit dem Bus künftig auch nicht mehr mit der Dom- und Industriestadt verbunden sein.

Der andere Bahnverkehr, welcher den Lahn-Dill-Kreis durchkreuzt, bringt auch keine zukunftsweisenden Aspekte. Dass nun die in Gießen geflügelten Verbindungen des Main-Lahn-Sieg-Express die Unterwegshalte zwischen Marburg und Gießen auslassen, wirkt sich auch für den Lahn-Dill-Kreis aus. Zum einen steuern die Fahrten künftig teilweise Stadtallendorf an, haben also für die Koppelung der beiden Zugteile in Gießen auch eine höhere Störanfälligkeit, so dass es für den anderen Zugteil Siegen-Wetzlar-Gießen auch zu Verspätungen kommen wird. Des Weiteren braucht die HLB, die den Main-Lahn-Sieg-Express bedient, nun auch an Samstagen Fahrzeuge für den Abschnitt Marburg-Gießen. Somit ist es nicht mehr möglich, für die gerade an Wochenenden genutzen Verbindungen Siegen-Wetzlar-Gießen zusätzliche Wagen anzuhängen. Noch stärker überfülle Züge von Mittelhessen in Richtung Nordrhein-Westfalen werden die Folge sein. Man vergrault die Menschen in diesem Streckenabschnitt mehr und mehr, so dass die Menschen auf andere Verkehrsmittel umsteigen, um z.B. nach Köln zu kommen.

Auch nicht wirklich rund läuft es auf der Lahntalbahn. Die wirklichen Verbesserungen entlang der Lahn gibt es nennenswerter Weise nur in Rheinland-Pfalz, wo viel mehr Gelder, gerade seitens des Bundeslandes, in den ÖPNV fließen. Nun wird die Fahrt zwischen Gießen, Wetzlar und Koblenz noch länger. Die nicht unerhebliche Investition in die Neigetechnik, welche in die Lahntalbahn außerhalb der Bahnsteige investiert wurde, wird nun ad absurdum geführt.

Wo wird Rhein-Main-Verkehrsverbund, wo wird ÖPNV gelebt und weiterentwickelt? Die
Antwort ist aus Sicht von PRO BAHN einfach. Dies geschieht nur in den auf Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet zulaufenden Bahn- und Busverbindungen sowie im Rhein-Main-Ballungsraum selbst. Die Region Mittelhessen ist seit nunmehr fast 20 Jahren ÖPNV nur drittklassig, wohingegen in anderen, vergleichbaren Gegenden Deutschlands, Bus und Bahn die zweite Stufe der Renaissance erleben. Dass die Mittelhessen nicht nur mit dem Zug nach Frankfurt fahren wollen, sondern auch in andere Himmelsrichtungen, dies wird ignoriert und wird vom Fahrgastverband PRO BAHN als verantwortungslos bezeichnet.

Nach 3 Jahren VLDW ist für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg festzustellen, dass die Umwandlung von einer staatlichen Organisation, hin zu einer privatrechtlichen Gesellschaft es für den Kunden keinerlei Verbesserungen erbracht hat. Nein, es wird nur noch abgebrochen, rückgebaut und umgeschichtet. Hauptaugenmerk ist nur noch der Schulbusverkehr und nicht der Umstieg der Berufstätigen, der Pendlerinnen und Pendler vom Auto auf den ÖPNV. Dass man keine Neuausrichtung vornimmt, sondern „rückbaut“, dies wird sich in einigen Jahren rächen, so Thomas Kraft abschließend.

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