Fahrgastverband PRO BAHN besichtigt mit Dietzhölztalbahn e.V. die Bahntrasse der Dietzhölztalbahn

Gemeinsame Forderung nach Umdenken in Teilen der Kommunalpolitik der Anliegerkommunen im nördlichsten Teil des mittelhessischen Lahn-Dill-Kreises

Der PRO BAHN Regionalverband Mittelhessen und der Verein Dietzhölztalbahn e.V. wollen beim Ziel der Rettung und Reaktivierung der Dietzhölztalbahn an einem Strang ziehen. Dies bekräftigten beide Seiten bei einem Ortstermin, bei dem die gesamte rund 16 km lange Strecke unter der Leitung von Stephan Kretzer von Dietzölztalbahn e.V. in Augenschein genommen wurde.

Von Verein Dietzhölztalbahn e.V. freigeschrittener Abschnitt der Bahntrasse im Bereich Dillenburg, Industriegebiet Kasseler Straße.

Von Verein Dietzhölztalbahn e.V. freigeschrittener Abschnitt der Bahntrasse im Bereich Dillenburg, Industriegebiet Kasseler Straße.


Der Regionalsprecher Mittelhessen von PRO BAHN, Thomas Kraft, lobte das große Engagement des Vereins, welches bereits vor Ort sichtbar wurde. Die Beseitigung des umfassenden Bewuchses im Bereich Frohnhausen sei bewundernswert, so der Verbandssprecher. Schön zu hören ist, dass es seitens der Stadt Dillenburg ein positives Feedback gibt. So wird beispielsweise die Entsorgung des Rückschnittgutes konstruktiv durch die Stadt begleitet.

Dahingegen biete die Situation des Streckenabschnitts im Gemeindebereich Eschenburg ein trauriges Bild. Der Abbruch der Brücke über die Habachstraße in Eibelshausen sowie die Wegnahme eines Gleisabschnitts entlang der Attigstraße vor dem Bahnübergang Simmersbacher Straße ist ein vorsätzlicher Eingriff in die Kubartur des Bahnkörpers, welcher so nicht hingenommen werden könne, so Thomas Kraft. Die Bahnstrecke ist nicht freigestellt, ihre Trasse ist laut dem gültigen Regionalplan für eine Reaktivierung zu sichern. Gerade an der Habachstraße bietet sich aufgrund des nahe liegenden Schulzentrums ein neuer Haltepunkt an, wenn der Personenverkehr wieder aufgenommen wird. Man werde der Schaffung von vollendeten Tatsachen nicht tatenlos zusehen.

Weggerissene Bahnbrücke über die Straße im Ortsbereich von Eschenburg, Abriss trotzdem dass ein Rückbau der Trasse nicht genehmigt ist und Verfolgung von Partikularinteressen.

Weggerissene Bahnbrücke über die Straße im Ortsbereich von Eschenburg, Abriss trotzdem dass ein Rückbau der Trasse nicht genehmigt ist und Verfolgung von Partikularinteressen.

Getrenntes Gleis vor dem abgebrochenen Bereich der zuvorigen Brücke in Eschenburg. Dahinter das Schulzentrum, für welches ein Bahnhaltepunkt an dieser Stelle ein wichtiger Aufwertungsfaktor wäre.

Getrenntes Gleis vor dem abgebrochenen Bereich der zuvorigen Brücke in Eschenburg. Dahinter das Schulzentrum, für welches ein Bahnhaltepunkt an dieser Stelle ein wichtiger Aufwertungsfaktor wäre.

Ein Teilerfolg sei, dass die Freistellung der gesamten Strecke nun erstmal vom Tisch sei. Man danke hier auch dem Lahn-Dill-Kreis und dem Regierungspräsidium Gießen, die sich nachhaltig für die Einhaltung der Festlegungen im Regionalplan Mittelhessen eingesetzt haben. Für die Reaktivierungsbemühungen steht der Verein auch im Kontakt mit dem hessischen Verkehrsministerium. In der Antwort an den Verein dankte Herr Minister Al-Wazir für den erheblichen Einsatz für den Erhalt der Strecke und ihre Reaktivierung. Er informierte, dass er Hessen Mobil als Fachbehörde des Landes gebeten habe, für stillgelegte Bahnstrecken in Hessen das Potential auf erfolgreiche Reaktivierung zu bewerten. Hessen Mobil sieht grundsätzlich ein Potential für eine Reaktivierung der Dietzhölztalbahn. Allerdings haben weder der Lahn-Dill-Kreis als zuständiger ÖPNV-Aufgabenträger noch der RMV in ihren Nahverkehrsplänen eine Streckenreaktivierung vorgesehen. Hessen Mobil sieht ein Potential vorrangig für den Schienengüterverkehr sowie ggf. für Ausflugs- und Schülerverkehr.

Im Bereich der Gemeinde Dietzhölztal ist, so die beiden Vereinigungen, der Eingriff in den Trassenverlauf etwas weniger gravierend, wobei die Entfernung von Gleisstücken im Bereich der Bahnübergänge ohne rechtliche Grundlage ebenso nicht akzeptabel ist. Auch das inzwischen in Privatbesitz befindliche und abgebaute Reststück der Bahntrasse dürfe nicht einfach freigestellt werden, bevor nicht die Dietzhölztalbahn auf ihre Zukunftschancen in einem Gutachten einer fundierten fachlichen Betrachtung unterzogen ist. Das hessische Verkehrsministerium hat sich in diesem Zusammenhang für die Ablehnung eines entsprechenden Freistellungsantrags ausgesprochen.

Mittlerweile ungeordnete gewerbliche Nutzung auf den in Dietzhölztal abgebauten Gleisanlagen der letzten 500 Meter Bahntrasse.

Mittlerweile ungeordnete gewerbliche Nutzung auf den in Dietzhölztal abgebauten Gleisanlagen der letzten 500 Meter Bahntrasse.

aktuelles (letztes) Gleisende in der Ortslage von Dietzhölztal, etwa 500 m vor dem eigentlichen Ende der Bahntrasse und vor dem ehem. Personenbahnhof.

aktuelles (letztes) Gleisende in der Ortslage von Dietzhölztal, etwa 500 m vor dem eigentlichen Ende der Bahntrasse und vor dem ehem. Personenbahnhof.

PRO BAHN und Dietzhölztalbahn e.V. fordern die Anliegerkommunen daher auf, endlich gemeinsam in einen konstruktiven Dialog einzutreten. Hierzu seien auch die ehrenamtlichen Mandatsträger eingeladen und nicht nur die Bürgermeister. Der Siedlungsraum entlang der Dietzhölze müsse unbedingt auf den demografischen Wandel reagieren. Eine Erschließung durch Schienenverkehrsmittel habe im Falle anderer Reaktivierungen deutlich gezeigt, dass selbst in ländlichen Regionen ein mehrfacher Zuwachs an Fahrgästen realisiert werden kann. Zudem sind in diesen Regionen Einwohnerzuwächse zu verzeichnen.Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Taunusbahn. Die Einwohnerzahlen der Gemeinde Neu-Anspach sind aufgrund der dortigen optimalen Schienenverkehrsanbindung um 35 Prozent gestiegen, das Fahrgastaufkommen auf der Taunusbahn selbst um das sechsfache. Dies alles könne einhergehen mit der Wiederaufnahme von Güterverkehr auf der Strecke, so dass eine Finanzierung der Trasse im üblichen Maß durchaus realistisch ist. Außerdem darf man nicht den Fehler begehen, so die beiden Vereinigungen, den Öffentlichen Personennahverkehr nach dem Status Quo zu betrachten. In einigen Jahrzehnten wird es, gerade wegen gesamtwirtschaftlicher Zwänge, von Nöten sein, wieder auf Alternativen zum individuellen Fahren mit dem Auto zurückzugreifen. Alles was man heute zerstöre, könne in Zukunft nur schwer wieder beizuholen sein.

Der Fahrgastverband PRO BAHN und der Verein Dietzhölztalbahn e.V. verständigten sich bei der Ortsbegehung darauf, im gemeinsamen Dialog das Ziel der Reaktivierung im überschaubaren Zeitraum durchzusetzen, so Stephan Kretzer und Thomas Kraft abschließend.

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