Wiederholte Falschdarstellung des Hessischen Verkehrsministeriums über die Barrierefreiheit von Bahnstationen

PRO BAHN Landesverband Hessen widerspricht verklärenden Darstellungen, dass jede zweite Bahnstation barrierefrei ist. 21 cm Höhenunterschied wird seitens des Ministeriums als barrierefrei angesehen, diese sind jedoch für mobilitätseingeschränkte Menschen nicht so ohne weiteres überwindbar

Ein Bahnsteig der Main-Weser-Bahn in Mittelhessen. Für relativ viel Geld die Oberfläche erneuert, jedoch nichtauf 55 cm angehoben, um in die bis in die 2040er Jahre verkehrenden Züge einzusteigen.

Der Hessische Verkehrsminister Al-Wazir betreibt auch auf dem Sektor Barrierefreiheit Schönrechnerei und dies auch noch auf Kosten der Schwachen in unserer Gesellschaft, nämlich der mobilitätseingeschränkten Menschen. Mit diesen deutlichen Worten muss der Fahrgastverband PRO BAHN den jüngsten Veröffentlichungen entgegentreten. Dass 50% der Bahnstationen barrierefrei sind, dies ist falsch und die unbedarften Medienschaffenden werden in die Irre geführt und über falsche Zahlen berichtet. Fakt ist, dass bei den ausgebauten Bahnstationen seit 2010 jede dritte falsch bzw. nicht an die Zuggattung angepasst ausgebaut wurde. Überalterte Planungen von bis zu 20 Jahren führen dazu, dass nicht bedacht ist, welcher Zug zum Bauzeitpunkt an der jeweiligen Bahnsteigkante hält. Als Verklärung werden Höhenunterschiede von 21 cm zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante im Bahnverkehr als barrierefrei dargestellt. So wurden im Bahnhof Frankfurt-Höchst vor wenigen Jahren alle Bahnsteige mit 76 cm Höhe über Schienenoberkante ausgebaut, es fahren dort jedoch S-Bahnen mit 96 cm Höhe und Regionalzüge mit 55 cm Höhe.

Mit wenigen Umbauten im Weichensystem und unterschiedlich hohen Bahnsteigen für die jeweilige Zuggattung, hätte man dies lösen können. Ein Vorschlag des Fahrgastverbandes PRO BAHN für Frankfurt-Höchst wurde seinerzeit verworfen. Aber auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist ein misslungenes Beispiel und kein Positivum wie im Wortglauben des Ministeriums dargelegt.

Zwar steigt man in Marburg auf 55 cm Höhe ein, jedoch ist der neue Bahnsteig im 7 km entfernten Bürgeln auf 76 cm ausgebaut, ebenfalls ist dies in Stadtallendorf erfolgt. Die Menschen fallen aktuell bei fast allen Triebwagen in den tieferliegenden Zug. Mit zu hohen Bahnsteigen plant man nun auch in Marburg-Süd und in Niederwalgern. Im Landkreis Gießen hat man in Großen-Linden einen sanierten Bahnsteig auf 38 cm belassen, ebenso in Friedelhausen, wo auf 55 cm gelagerte Innenräume von Zügen bestiegen werden müssen. Gerade entlang der Main-Weser-Bahn Frankfurt-Friedberg-Gießen-Marburg-Kassel sind massive Fehlentscheidungen getroffen worden. Im Frankfurter Hauptbahnhof halten rund 40% der Züge mit zu niedrigem Fahrzeugboden an den durchweg 76 cm hohen Bahnsteigen. Die Beispiele des misslungenen Bahnsteigausbaus lassen sich noch beliebig fortsetzen. Zahlreiche kleinere Stationen sind in keinem der Ausbauprogramme genannt, werden also bis in die 2030er Jahre keine Änderung der Situation erfahren. In Hessen lässt sich kaum eine Zugfahrt durchführen, so dass sich ein mobilitätseingeschränkter Mensch sicher sein kann, an den Folgestationen barrierefrei aus dem Zug zu kommen.

Das Problem liegt aus Sicht des Fahrgastverbandes PRO BAHN darin begründet, dass seit Jahrzehnten punktuell Bahnhof für Bahnhof geplant wird, aus unterschiedlichen Fördertöpfen finanziert wird, anstatt für eine gesamte Bahnstrecke alle Bahnstationen nach einem einheitlichen Konzept zu planen. Hinzu kommt noch der Wirrwarr der unterschiedlichen Zuggattungsbestellung mit drei verschiedenen Einstieghöhen. Der PRO BAHN Landesverband Hessen schätzt die umfänglich barrierefreien Bahnstationen in Hessen allenfalls auf etwa 25-30%. Gerade die Fehlplanung von Deutscher Bahn, Land Hessen und Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) haben es quasi schon unmöglich gemacht, überhaupt mal irgendwann im nennenswerten Anteil im Bahnverkehr in Hessen eine Barrierefreiheit zu erreichen.

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