Die im Ausbau befindliche Strecke der Main-Weser-Bahn bei Frankfurt-Berkersheim. Links auf der neuen Trasse fahren künftig die Regional- und Fernzüge, rechts die S-Bahn.
PRO BAHN Regionalversammlung Mittelhessen in Gießen kommt zu vernichtendem Ergebnis
Als unzumutbar bezeichnet der Fahrgastverband PRO BAHN auch die jüngste Sperrung der Main-Weser-Bahn für den viergleisigen Ausbau zwischen Bad Vilbel und Frankfurt-West und den deshalb eingerichteten Umleitungsfahrplan. Die einwöchige Sperrpause in den Herbstferien 2022 verlief ebenso katastrophal wie wenige Monate vorher über die Sommerferien hinweg, so PRO BAHN bei der jüngsten Regionalversammlung Mittelhessen in Gießen. Daher hat die Versammlung die Forderung nach Einrichtung eines Beteiligungsforums für die Main-Weser-Bahn beschlossen.
Erneut sind lediglich die Regional-Express-Linien RE30 mit den Doppelstockzügen und RE98/RE99 mit den gelben Zügen der Hessischen Landesbahn aus Marburg, Wetzlar und Gießen durchgängig bis nach Frankfurt gefahren, welche gemeinsam lediglich einen Stundentakt bilden. Viel zu wenig, es bedeutet eine Kapazitätseinschränkung von 60%. Die roten Züge des Mittelhessen-Express (RB40/RB41) mussten wieder in Hanau wenden. Auch alle anderen Züge aus Mittelhessen fuhren den Umweg über Hanau.
Verspätungen von 90 Minuten bereits am frühen Morgen waren keine Seltenheit. Da Die Züge ganztägig im Umlauf sind, schleppten sich die Verspätungen über den ganzen Tag. Die Kritik ist weiterhin, dass man seitens des Rhein-Main-Verkehrsverbund und Deutscher Bahn nicht bereit ist, die Züge aus Richtung Aschaffenburg und Fulda in der Sperrpause so anzupassen, dass die Züge aus Mittelhessen nicht vor Hanau steckenbleiben.
Unwürdig an der Stelle auch die Fahrgastinformation. So kam es, dass an den Bahnsteigen und in den digitalen Informationsquellen Züge noch als pünktlich angezeigt wurden, obwohl diese schon längst hätten den Bahnhof erreichen müssen. Durchsagen seitens der DB sind aufgrund der katastrophalen Koordination vielfach nicht erfolgt. Da die Züge Wendezeiten von 30-40 Minuten haben, müssen größeren Verspätungen aus vorheriger Fahrt so frühzeitig in allen Fahrgastinformationen für die Folgefahrten zuverlässig angezeigt werden. Wenn der Zug in die eine Richtung schon massiv zu spät ist, wird der Zug kaum für die Gegenrichtung pünktlich sein. Da muss die Information so früh bereitstehen, dass sich Fahrgäste noch nach Alternativen richten können. Die Menschen standen vielmehr am falschen Bahnsteig, anstatt Alternativen zu prüfen und ggf. zu nutzen.
Die Schienenersatzverkehre zwischen Bad Vilbel und Frankfurt funktionierten auch im Oktober 2022 nicht. Erneut waren viele Busse nicht mit den Symbolen S6E und S6X gekennzeichnet, die Haltestelleninfo war nicht deutlich genug, als dass der Fahrgast schnell die unterschiedlichen Fahrtrouten hätte erkennen können.
Als schlimmstes Wochenende wird der 29. und 30. Oktober bezeichnet, als viele Fahrgäste die Mainmetropole ansteuerten, mit den Zielen Buchmesse, Fußball-Spitzenspiel Eintracht Frankfurt-Borussia Dortmund und Frankfurt-Marathon. Zu solch einer Ballung von Veranstaltungen eine Hauptstrecke komplett dicht zu machen, ist absolut verantwortungslos.
Die Probleme in und um Frankfurt sind es nicht allein. Die viel zu späten Züge wirken sich auf die Gesamtlänge von 220 km Main-Weser-Bahn über Gießen und Marburg bis nach Kassel aus. Verpasste Umstiege in Kassel-Wilhelmshöhe in die ICE Richtung Norddeutschland, Hamburg und Berlin führten dazu, dass man bis zu drei Stunden später dort ankam.
Die Kritik äußert nicht nur der Fahrgastverband PRO BAHN, auch die hessische Kommunalpolitik Parlamente und Beiräte im Lahn-Dill-Kreis, im Landkreis Gießen und im Landkreis Marburg-Biedenkopf haben schon mehrere Protestnoten an die Deutsche Bahn und den Rhein-Main-Verkehrsverbund gerichtet.
Fahrgäste aus allen gesellschaftlichen Schichten saßen zu dutzenden bis hunderten in den Zügen und haben über den desaströsesten Zustand der Bahn in Hessen seit dem Zweiten Weltkrieg geschimpft. Aus dem massiven Schaden vorangegangener Sperrungen seitens der Verantwortlichen nichts gelernt, auf dies kann man es reduzieren. Wenn anstatt der Lernbereitschaft nur noch Denkblockade vorhanden ist, dann sind aus gesamtgesellschaftlicher Sicht, personelle Umbesetzungen in leitender Funktion im öffentlichen Verkehrswesen unausweichlich. Es muss mit allen gesellschaftlich relevanten Mitteln unterbunden, dass wenige Verantwortliche im Verkehrswesen, vorrangig DB-Konzern und RMV eine Million Menschen in Mittelhessen in ihren Grundrechten auf Mobilität einschränken. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert ein Beteiligungsforum für den Ausbau Frankfurt-Friedberg, der 2. Abschnitt Bad Vilbel-Friedberg steht an aber auch der 1. Abschnitt muss auf der Zielgeraden endlich zufriedenstellend abgewickelt werden. Das Beteiligungsforum Main-Weser-Bahn muss im Sinne anderer Großprojekte von allen gesellschaftlich relevanten Gruppen, von politischen Vertretungen aller betroffenen Ebenen sowie der Verkehrswirtschaft besetzt sein.
In diesem Forum muss es auch lange vorher um Baustellen- und Umleitungsfahrpläne gehen, Geheimniskrämerei und minderhaft-stümpernde Organisation, ein zuletzt Hebst 2022 geschrotteter Verkehrsakt, das muss das letzte Mal auf der Main-Weser-Bahn zur Umsetzung gekommen sein. Die Fahrgäste sind stinkesauer, die Geduld ist am Ende. Sollte man nicht bereit sein, in dieses Beteiligungsforum für die Main-Weser-Bahn einzusteigen, dann will der Fahrgastverband den öffentlichen Druck in einer noch nie gekannten Form ausweiten. Es gibt nur einen Weg: Mehr Einbindung von mehr Fahrgästen. Bürgerinnen und Bürgern bei Ausbauprojekten.
