PRO BAHN Starkenburg: Stillstand im Angebot bei steigenden Fahrpreisen? Steht eine neue Epoche von überfüllten Bussen und Bahnen mit schlechtem Bedienungsangebot bevor?

Am 23. Februar führte der Verkehrsausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zur zukünftigen Förderung des Regionalverkehrs auf der Schiene durch. Aus diesem Anlass weist der Fahrgastverband PRO BAHN darauf hin, dass ohne eine massive Aufstockung der Regionalisierungsmittel des Bundes den Fahrgästen in den Regionalzügen und S-Bahnen Einschränkungen in der Bedienung bevorstehen würden.

Überfüllter Regionalzug in Hessen.

Überfüllter Regionalzug in Hessen.

Der Rhein-Main-Verkehrsverbund hat am 20.2.2015 bekannt gegeben, dass das vorhandene Angebot nicht weiter ausgebaut werden könne, da andernfalls mit horrenden Fahrpreiserhöhungen – zusätzlich zu den ohnehin bereits überteuerten Tarifen – gerechnet werden müsse. Man könne davon ausgehen, dass dann Projekte wie die S-Bahn entlang der Bergstraße endgültig verschoben würden. Damit würde der Fahrgast auf dieser wichtigen Relation auch in Zukunft mit einem Stundentakt abgespeist werden.
Kapazitätsausweitungen auf der Odenwaldbahn, bessere Verbindungen zwischen Darmstadt und Aschaffenburg in den Abendstunden und am Wochenende, zusätzliche Fahrten im Regionalbusverkehr: All diese ebenfalls sehnlichst erwarteten Verbesserungen für Fahrgäste in der Region Starkenburg können nur dann umgesetzt werden, wenn der Bund eine dem Fahrgast angemessene und nachhaltige Verkehrspolitik angeht und seine Mittel für den ÖPNV erhöht!

Bei der Bahnreform 1993 hat sich der Bund verpflichtet, nach der Umwandlung von Bundes- und Reichsbahn in das Privatunternehmen Deutsche Bahn AG den Nahverkehr mit den sogenannten „Regionalisierungsmitteln“ weiter zu fördern. Das entsprechende Eisenbahnneuordnungsgesetzes trat am 1. Januar 1996 in Kraft. Doch während die Lebenshaltungskosten um 24% stiegen und die Fahrgäste inzwischen sogar 51% mehr für ihre Fahrkarten bezahlten, hat der Bund die Mittel noch nicht einmal um die anfänglich vereinbarten 1,5% pro Jahr erhöht. Unterm Strich gab es seit 1996 eine Anpassung um 19,0%; das bedeutet inflationsbereinigt eine deutliche Kürzung um 5%.

Die Angebotsverbesserungen der letzten Jahre sind nur möglich gewesen, weil das Land Hessen die Zugleistungen im Nahverkehr ausgeschrieben hat.
Eisenbahnverkehrsunternehmen bewarben sich im Wettbewerb und die Länder konnten dadurch erhebliche Einsparungen realisieren.
„Inzwischen sind hier aber kaum noch Kostensenkungen möglich. Im Gegenteil: Kosten für Fahrzeuge und Personal steigen“, so Peter Castellanos vom PRO BAHN Regionalverband Starkenburg. Castellanos weiter: „Noch gravierender ist aber die Benachteiligung des Bahnverkehrs und seiner Kunden durch die Schienen- und Bahnhofsnutzungsgebühren.“
Während Autofahrer und Busnutzer bislang jede Straße Deutschlands kostenfrei nutzen können, müssen die Eisenbahnverkehrsunternehmen und damit auch die Bundesländer für jeden befahrenen Schienenkilometer und jeden Bahnhofshalt Nutzungsgebühren an die Deutsche Bahn zahlen.
DB Netz sowie DB Station & Service sind per Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland sogar verpflichtet, die Instandhaltung von Gleisen und Stationen aus diesen Gebühren zu finanzieren. Bessere technische Ausstattungen der Bahnhöfe mit Aufzügen, Rolltreppen und Informationssystemen sowie ein steigendes Alter der Anlagen führten aber zu immer höheren Kosten. Gab z.B. das Bundesland Bayern im Jahr 2000 noch 360 Millionen Euro aus, sind es inzwischen 620 Millionen (plus 72%) bei nur 19% Mehrkilometern.

„Wir stehen an einer dramatischen Trendwende. Statt eines Ausbaus entsprechend der Fahrgastzahlen sehen wir inzwischen bei Neuausschreibungen die Beibehaltung des Status-Quo. Mittelfristig werden die Stehplätze in den Züge gerade in den Ballungsgebieten weiter zunehmen, während in der Fläche Streichungen von Zugverbindungen erfolgen werden“, so Jörg Lange, der beim Fahrgastverband die Nahverkehrsfinanzierung betreut. Die Finanzprobleme seien deshalb auch eines der Schwerpunktthemen beim PRO BAHN-Bundesverbandstag in Bremen Mitte März. „Wir werden die Fahrgäste, die wir vertreten, in der nächsten Zeit verstärkt aufklären.“
Zwar hat der Bundesrat mit einem eigenen Gesetzentwurf einen sinnvollen Vorschlag zur zukünftigen Finanzierung gemacht. Die Bundesregierung verschleppt trotzdem die notwendige Erhöhung der Mittel für den öffentlichen Verkehr. PRO BAHN werde deshalb in Zukunft verstärkt den Zusammenhang zwischen real niedrigeren Mitteln, Angebotsreduzierungen und Fahrpreiserhöhungen in die Öffentlichkeit bringen. Wie unter derartigen Randbedingungen Kunden gehalten bzw. neue Fahrgäste hinzugewonnen werden sollen, bleibt weiterhin offen.

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