20 Jahre RMV – ein Rückblick auch aus mittelhessischer Sicht

Gespalten muss die Bilanz nach 20 Jahren RMV betrachtet werden. Einerseits ist es gelungen, , sofort alle Nahverkehrsträger in einem Gebiet des flächenmäßig zweitgrößten Verkehrsverbundes Deutschlands zu bündeln und z.B. ein einheitliches Preissystem einzuführen. Die Entwicklung des regionalen Schienenverkehrs läuft nach einheitlichen Grundlagen, wobei es auch einzelne Verbesserungen gegeben habe.

Der Main-Lahn-Sieg-Express. Er hält nun nicht mehr zwischen Gießen und Marburg.

Der Main-Lahn-Sieg-Express. Er hält nun nicht mehr zwischen Gießen und Marburg.

Man denke nur daran, dass auf der Lahn-Kinzig-Bahn Gießen-Gelnhausen vor 20 Jahren kein Samstag- sowie Sonn- und Feiertagsverkehr mehr gegeben. Das gleiche gilt für die Obere Lahntalbahn Marburg-Biedenkopf-Erntebrück. Der Mittelhessen-Express wurde eingeführt und brachte einen Taktfahrplan und direkte Zugverbindungen aller Unterwegshalte zwischen Dillenburg und Gießen sowie Treysa und Gießen nach Frankfurt. Aber inzwischen wurden wieder Einschränkungen vorgenommen. So fährt seit 2009 jeder zweite Mittelhessen-Express langsam zwischen Gießen und Friedberg, um die Unterwegshalte mitzunehmen. Die

Jedoch sind noch viele Dinge ungelöst. Des Weiteren gibt es starke Probleme in den Übergangsverkehren in andere Bundesländer bzw. andere Verkehrsverbünde. Einige, früher durchgehende Verbindungen wurden gekappt, so z.B. die seit 1862 bestandene Direktverbindung Gießen-Siegen-Köln, bei der seit 2010 stets ein Umstieg mit wenigen Minuten in Siegen erforderlich ist. Der RMV sieht hier seit über 5 Jahren keine deutlichen Signale aus Politik, Verbänden und Bevölkerung. Nur 4 bzw. 7 Minuten bleiben den Fahrgästen, um in Siegen in den jeweils anderen Zug umzusteigen.

Zwei Wehrmutstropfen auch beim letzten Fahrplanwechsel im Dezember 2014. Die Sonntagsverkehre der Sieg-Dill-Bahn für die Unterwegshalte zwischen Dillenburg und Siegen wurden ersatzlos gestrichen. Dann der schwarze Tag aller Orte zwischen Gießen und Marburg. Die Züge der Hessischen Landesbahn halten nicht mehr zwischen den beiden Universitätsstädten. Die regionale Interessengruppe „Pro Bahn&Bus“ konnte mit diesem Thema durch einseitige Interessen bei den RMV-Entscheidungsträgern überzeugen. Der Fahrgastverband PRO BAHN stellt nicht in Abrede, dass es sinnvoll ist, Gießen und Marburg durch einen Stundentakt mit durchgehenden RegionalExpress-Verbindungen miteinander zu verknüpfen. Die Verlagerung der IC- (Intercity-)Verbindungen um 30 Minuten seit 2009, durch die Verlegung auf die Schnellfahrstrecke zwischen Kassel und Hannover, führte auf der Main-Weser-Bahn zu Problemen im Taktfahrplan. Wenn man jedoch die HLB-Züge beschleunigt, dann muss es für die Zwischenstationen von Gießen bis Marburg Ersatzfahrten von Triebwagen geben. Dies ist nicht erfolgt. Warum sollen Lollar, Fronhausen und Weimar/Lahn schlechter gestellt sein als Kirchhain, Stadtallendorf und Neustadt/Hessen ? Ob „Pro Bahn&Bus“ im Raum Gießen-Marburg wirklich alle Fahrgäste vertritt, das darf deutlich bezweifeln werden.

Das Preissystem des RMV bedarf einer Reformierung. Lediglich 7 Preisstufen führen dazu, dass man für 70 km Regionalzugfahrt das gleiche bezahlen muss wie für die Distanz von 180 km. An manchen Kreisgrenzen innerhalb des RMV-Verbundgebiets mangelt es ebenfalls. Für Strecken von 2 km wird bei schwachem Angebot an einigen Stellen gleich die Preisstufe 3 verlangt.

Als schlecht ist die Entwicklung im Bereich der nachgeordneten Lokalen Nahverkehrsorganisationen (LNO) zu bezeichnen, welche in den Landkreisen und Städten ab 50.000 Einwohner angesiedelt sind. Hier wurde die Daseinsvorsorge Lokal- bzw. Stadtbus weitreichend privatisiert, die LNO in private GmbHs umgewandelt. Trotzdem, dass der Linienbusverkehr fast ausschließlich Aufgabe der Landkreise und großen Städte ist: Der RMV war 1995 noch mit rund 20% eigener Linien, sog. Regionalbuslinien, im gesamten Busnetz beteiligt. Dies waren im wesentlichen die ehemaligen „Bahnbuslinien“ Nun hat er sich bis auf sehr wenige Ausnahmen aus dem Linienbusgeschäft zurückgezogen, die Aufgabe den LNO überlassen, die viele Linien in jüngerer Zeit nach Vertragsablauf entweder ganz einstellten oder deutliche Angebotsreduzierungen vornahmen. Die LNO können eben nicht die Last alleine stemmen, welche ihnen der RMV aufbürdet.

Dennoch ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund als unverzichtbares Element in der Daseinsvorsorge des Landes Hessen. Hunderte verschiedener Fahrscheine, wie es vor 1995 war, dies ist in Zeiten des Erfordernis einer durchgängigen Reisekette nicht mehr zeitgemäß. Bei besserer finanzieller Ausstattung, sowohl vom Land Hessen als auch vom Bund, könnten im RMV-Gebiet viele erforderliche Verbesserungen umgesetzt werden. Die Einbringung von Verbesserungsvorschlägen wird zumindest meist mit Wohlwollen entgegen genommen aber auch der eine oder andere kleine Erfolg ist nachzuweisen. Der Wunsch steht im Raum, dass es in den nächsten 20 Jahren nicht zu Angebotsreduzierungen, sondern zu Ausweitungen kommt. Die Menschen in Mittelhessen, Osthessen, Rhein-Main und Südhessen (Starkenburg) brauchen einen starken ÖPNV im gesamten Verbundgebiet, denn es ist abzusehen, dass sich in Zukunft deutlich weniger Menschen ein eigenes Auto leisten können.

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