PRO BAHN bezeichnet 9-stündige Stellwerksstilllegung aus Personalmangel zwischen Gießen und Butzbach als Skandal

Für die PRO BAHN Regionalverbände Mittelhessen und Nordhessen ist die kurzfristig verkündete 9-stündige Stellwerksstilllegung auf der Hauptstrecke der Main-Weser-Bahn vom Freitag, den 24.01. um 21:00 Uhr bis zum Samstag, den 25.01. um 6:00 Uhr völlig inakzeptabel. Die Begründung ist Personalmangel wegen hohem Krankenstand. Im Rahmen einer aktuell stattgefundenen Regionalverbandssitzung in Kassel erklärten die PRO BAHN-Sprecher aus den beiden Regionen, dass nun umgehend politisches Handeln erforderlich sei, um gegenüber der Deutschen Bahn entsprechende Maßnahmen zwingend einzufordern. Wenigstens die Ehrlichkeit könne man der DB zugutehalten.

An einem Freitag um 21:00 Uhr die einzige Verkehrsachse mit durchgängigen schnellen Regionalzügen zwischen Rhein/Main und Nordhessen stillzulegen bedeutete, dass z.B. zahlreiche Wochenendpendlerinnen und -pendler gestrandet sind bzw. nicht mehr zu ihren Zielen kamen. Damit man als Fahrgast hätte umplanen können, sei die Information zu spät veröffentlicht worden, so die Fahrgastvertreter.

Der Regional-Express RE 30 ist zwar zwischen Gießen und Kassel planmäßig unterwegs gewesen. Jedoch aufgrund einzelner komplett ausgefallener Verbindungen und der damit viel längeren Reisezeit, u.a. mit der doppelt so lange fahrenden S 6 von Frankfurt bis Friedberg und dem mehr als doppelt so lange fahrenden Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen, machte die Ankunft in Gießen so spät, dass die Züge bis nach Kassel nicht mehr erreicht werden konnten. Entweder kam es zu deutlichen Wartezeiten von mehr als einer Stunde in Gießen oder es bestand kurze Zeit später überhaupt keine Verbindung mehr.

Hinzu kam noch das Chaos, dass in der Pause und in Betriebsruhe befindliche Lokalbusse den Linienfahrplans, in Gießen den SEV-Bussteig 6 derart blockierten, dass die SEV-Reisebusse nicht zum Einstieg heranfahren konnten. In Einzelfällen standen in Friedberg wegen der Hauptlastrichtung nicht genügend Busse bereit. Die in Mittelhessen wohnenden Fahrgäste hätten sich insbesondere in Friedberg von Angehörigen und Bekannten im Rahmen der Selbsthilfe mit dem PKW abholen lassen.

Dies ist nicht die erste Stellwerksschließung aufgrund Personalmangel auf der Main-Weser-Bahn. Vor gut zwei Jahren war das Stellwerk Marburg dicht und zwischen Gießen und Treysa fuhr kein Zug.

Dass es soweit kommt, dass auf einer Hauptstrecke die Infrastruktur für 9 Stunden stillgelegt werden muss, sei trotz der dazwischenliegenden Nachtstunden völlig inakzeptabel. Auf die Deutsche Bahn kommen jetzt deutliche Maluszahlungen zu, welche die Verkehrsverbünde als Auftraggeber vom Infrastrukturbetreiber für die nicht erbringbare Nahverkehrsleistung einfordern müssten. Letztlich sei wegen es wegen der Eigentumsverhältnisse so, dass es nur vom einen in den anderen öffentlichen Topf transferiert werde. Die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik sei nun gefordert, gerade weil sie in den Entscheidungsgremien der Deutschen Bahn ihren Einfluss habe, nun ein kurzfristiges Umdenken herbeizuführen. Die 86 Mrd. Euro Investition in die Bahninfrastruktur sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und gegenüber den Investitionen und die Erweiterung des Straßennetzes ein deutlicher Wettbewerbsnachteil.

Sonntagsreden, dass nun mehrere tausend neue Arbeitskräfte seitens der Deutschen Bahn eingestellt werden nützten nichts. Gerade in Hessen lasse man sich in übergroßem Maße durch Festveranstaltungen fortwährend feiern, wie toll die Bahn doch sei. Im Alltag sei die Welt düster und man steuert auf einen deutschlandweiten Notstand zu. Man müsse konkret und auf die Region, die Städte bezogene Personaldefizite benennen, aufzeigen und analysieren. Ggf. müsse umgehend damit begonnen werden, Personal deutschlandweit umzubesetzen, um insbesondere solche Skandale auf den Hauptstrecken wie Frankfurt-Gießen-Marburg-Kassel, woran auch die Achse Gießen-Siegen(-Hagen/-Köln) hänge, auszuschließen. Im Rahmen der verkehrsunternehmerischen und politischen Aufarbeitung ist es aus Sicht von PRO BAHN Hessen auch notwendig, dass Schuldige des Verwahrlosens, des Kahlschlags von gesellschaftlichem Gemeinschaftseigentums und von einst großen und gut aufgestellten Personalbeständen im Schienenpersonenverkehr benannt werden. In der Verantwortung sieht man den ehemaligen Bahnchef Mehdorn, der die Deutsche Bahn gegen die Wand gefahren habe. Jedoch die Politiker, die das alles mitgetragen haben, könnten nicht heute so tun, als sei nichts geschehen. Falls es möglich ist, diese Personen heute noch zur Verantwortung zu ziehen, muss dies dringend erfolgen. Solch unverantwortliche Sünden zu Lasten der gesamten Gesellschaft müssten, falls der entsprechende Rechtsrahmen gegeben sei, dann auch für die seinerzeit Verantwortlichen persönliche Konsequenzen haben.

Der Fahrgastverband PRO BAHN bietet an, sich in einer strukturellen und zukunftsweisenden Aufstellung des Schienenpersonennahverkehrs konstruktiv einzubringen, so dass so schnell als möglich, solche Zustände wie am 24.01. und 25.01. zwischen Gießen und Butzbach endgültig der Vergangenheit angehören.

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