PRO BAHN Regionalverbände legen Standpunktepapier zum Thema A 49 vor: „Standpunkte und mögliche Alternativen zum Neubau der A 49 zwischen Schwalmstadt und dem Ohmtaldreieck“

Standpunktepapier der PRO BAHN Regionalverbände Nordhessen, Osthessen und Mittelhessen

Teil 1: Einleitung

Der PRO BAHN Regionalverband Mittelhessen lehnt den Lückenschluss der A 49 zwischen Schwalmstadt und dem Ohmtaldreieck ab. Diese Ablehnung erfolgt jedoch nicht pauschal, da man als Verband im Mobilitätsbereich mit Meinungsäußerungen gewissenhaft umgehen sollte.

A) Respektierung von Entscheidungen, wenn sie bundes- und landespolitisch gefallen sind und höchstsrichterlich für in Ordnung befunden wurden.

Wir respektieren vom Grundsatz, wenn der Deutsche Bundestag in seiner Mehrheit eine Entscheidung getroffen hat, die Hessische Landesregierung für die Umsetzung durchführt und keine Korrektur mehr erfolgt. Die Gerichte haben das Projekt für rechtmäßig erklärt und so kommt es zum Bau der A 49. Wir müssen uns nicht dieser Auffassung anschließen. In einer parlamentarischen Demokratie muss man an einem gewissen Punkt auch Entscheidungen akzeptieren.

B) unsinnige Trassenführung der sog. Maulbachtrasse der südlichen A 49

Der Lückenschluss der A 49 schließt an einer Stelle an die A 5 an, wird fälschlicher Weise mit dem Begriff „Autobahn Kassel-Gießen“ bezeichnet, an welcher sie diese wegen der viel zu östlichen Lage nur noch zusätzlich belastet. Durch die Trassierung werden der Herrenwald bei Stadtallendorf sowie der Dannenröder Forst und der Maulbacher Wald bei Homberg (Ohm) als bedeutende Waldgebiete unwiederbringlich zerstört.

Die südlich von Schwalmstadt vorgesehene Trassenführung bindet die Universitätsstadt Marburg überhaupt nicht an. In früheren Planungen der 1960er und 1970er Jahre war dies anders vorgesehen.

C) Vorstoß zur Alternativprüfung

Weil wir gewissenhaft sind, möchten wir im akzeptablen Diskurs doch auf Alternativen aufmerksam machen, falls man trotz der eingeleiteten Maßnahmen letztlich doch vom Neubau der A 49 zwischen Schwalmstadt und dem Ohmtaldreieck absieht. Für den Fall müssen umgehend Alternativen in der Planung eingeleitet und schnellstmöglich Baurecht geschaffen werden, um nicht erneut weitere Jahrzehnte ins Land gehen zu lassen.

Teil 2: Forderungen in Bezug auf die maximalste Erweiterung des Schienenverkehrs

A) Ausbau der Main-Weser-Bahn zwischen Kassel und Gießen

Weder der Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030), noch Verkehrsausbauplanungen des Landes Hessen im Rahmen des Schienenpersonennahverkehrs sehen einen erwähnenswerten Ausbau der Main-Weser-Bahn „Frankfurt/Main-Gießen-Marburg-Kassel“ vor. Lediglich die Sanierung bzw. grundhafte Erneuerung von Bahnstationen wird vorangetrieben, wenn auch schleppend. Um auf der Achse Nordhessen-Mittelhessen-Rhein/Main einen signifikanten Wechsel weg von der Straße, hin zur Schiene zu erreichen, muss die Main-Weser-Bahn auch im nördlichen Abschnitt Kassel-Marburg-Gießen ausgebaut und erweitert werden. Es muss möglich sein, die Fahrtzeit mit der Bahn, ob ICE oder langlaufende Regional-Express (RE) so zu reduzieren, dass sich diese zwischen Kassel und Gießen von heute ca. 1 Std. 20 Min. (80 Min.) auf 60 Minuten reduziert. Dazu sind folgende Maßnahmen nötig:

1.) Entweder viergleisiger Ausbau zwischen Kassel-Oberzwehren und Baunatal-Guntershausen oder Neubau einer Parallelstrecke zwischen Kassel-Oberzwehren und Edermünde-Grifte (nahe der A 49)
Anmerkung: Durch die in Guntershausen einfädelnde Strecke Kassel-Bebra ist der Abschnitt in nicht hinnehmbarem Maße belastet.

2.) Kurvenentschärfung zwischen Baunatal-Guntershausen und Wabern

3.) Beseitigung aller schienengleicher Bahnübergänge, insbesondere im Schwalm-Eder-Kreis
Anmerkung: Zwischen Guntershausen und Marburg gibt es 18 schienengleiche Bahnübergänge auf der Main-Weser-Bahn, zwischen Marburg und Frankfurt keinen einzigen.

4.) Änderung der Signaltechnik, Stichwort Blockverdichtung

5.) Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für Personenzüge abschnittsweise auf 160 km/h bzw. 200 km/h

B) Reaktivierung, Wiederaufbau und Neubau von Nebenstrecken in der Region

Als Zubringer zur Main-Weser-Bahn müssen mehrere stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert oder wiederaufgebaut werden, es bedarf ggf. sogar Ergänzungen durch Neubauabschnitte. Dies sind:

1.) Reaktivierung der nordhessischen Kanonenbahn von Schwalmstadt-Treysa nach Homberg (Efze)

2.) Umfassende Machbarkeitsstudie, um die Kanonenbahn dauerhaft nicht als Stichstrecke verbleiben zu lassen:

a) Prüfung des Wiederaufbaus von Homberg (Efze) bis kurz vor Malsfeld, in Teilen mit völligen Neubauten, um in Richtung Melsungen einzufädeln, um so Direktverbindungen Schwalmstadt-Homberg(Efze)-Melsungen-Kassel einzurichten.

b) Prüfung eines Neubaus von Homberg (Efze) bis nach Wabern
Anmerkung: Wir sehen, dass die Unterpunkte a) und b) unwahrscheinlich schwierig sind, sie sollen jedoch als Gedankengänge nicht einfach so abgewiesen werden, gerade dieser Raum braucht eine effektive Schiene.

3.) Reaktivierung der Ohmtalbahn zwischen Burg- und Nieder-Gemünden und Kirchhain mit der Einrichtung von Direktverbindungen bis nach Marburg, zumindest in der Hauptverkehrszeit

4.) Wiederaufbau der Salzbödebahn zwischen Weimar-Niederwalgern
und Bad Endbach-Hartenrod

5.) Reaktivierung der Lumdatalbahn zwischen Lollar und Rabenau-Londorf
Anmerkung: Es ist klar, dass diese Nebenstrecken keine weiträumige Funktion und Verkehrserschließung haben. Sie stellen jedoch den wesentlichen Faktor des Zubringers einer zu optimierenden Hauptstrecke her.

Teil 3: Straßenbau

A) Einwohner*innen an den stark belasteten Bundesstraßen dürfen nicht missachtet werden

Für den PRO BAHN Regionalverband Mittelhessen ist klar, dass der Straßenverkehr nicht komplett verdammt werden kann. Gerade der Landkreis Marburg-Biedenkopf und die gesamte Region Nordhessen haben weite Bereiche des ländlichen Raums, welche sich mit der Schiene nicht erschließen lassen. Zudem wird auch der Individualverkehr durch klimaneutrale Mobilität eine Änderung erfahren und nicht alle Verkehrsteilnehmer werden sich in Deutschland auf Bus und Bahn verlagern lassen.

Wir sehen insbesondere die stark belastete B 3, welche heute im Abschnitt Borken-Cölbe mit den Kommunen Gilserberg und Jesberg nebst der Ortsteile sowie weiterer kleiner Ortschaften mit ihren Ortsdurchfahrten immens belastet sind. Diese unmenschliche Verkehrsbelastung kann nicht geleugnet werden und bedarf einer umfassenden verkehrlichen Neuordnung zur Entlastung für Mensch, Tier und anliegendem Lebensraum.

Aus der anstehenden Eröffnung des bereit im finalen Bau befindlichen Abschnitts der A 49 zwischen den Anschlussstellen Neuental und Schwalmstadt wird sich der größte Teil des Verkehrs von der B 3 auf die B 454 zwischen Schwalmstadt-Treysa und Kirchhain, sowie die B 62 zwischen Kirchhain und Cölbe verlagern. Insbesondere die die Ortsdurchfahrt der B 454 von Neustadt (Hessen) ist eng und kurvenreich, für größere Fahrzeuge im Durchgangsverkehr ungeeignet.

Die B 62 ist im Abschnitt zwischen Kirchhain und Alsfeld nicht frei von Ortsdurchfahrten, auch hier ist eine Belastung durch Durchgangsverkehr gegeben.

Die südlich von Schwalmstadt vorgesehene Trassenführung bindet die Universitätsstadt Marburg überhaupt nicht an. In früheren Planungen der 1960er und 1970er Jahre war dies anders vorgesehen.

B) Alternativer Bundesstraßenaus- und Neubau als Ersatz für die A 49

Wir sehen als PRO BAHN Regionalverband Mittelhessen die Notwendigkeit, dass neben der größtmöglichen Optimierung der Schiene in der Gesamtregion (Schwerpunkt Main-Weser-Bahn) auch mit einem Autobahnstumpf bei Schwalmstadt nicht Schluss sein kann.

Daher fordern wir im Anschluss der A 49 bei Schwalmstadt einen Übergang als Bundesstraße B 454 weiterzubauen und zwar als Nordumgehung für Schwalmstadt-Wiera, Neustadt (Hessen) und Stadtallendorf in Form einer Kraftfahrstraße mit kreuzungsfreien Anschlussstellen.

Westlich von Stadtallendorf besteht in Teilen eine sehr geradlinige Trasse der B 454, welche auch noch ausgebaut werden kann. Bei Kirchhain-Langenhain ist sogar ein Brückenbauwerk über die B 454 bereits vorhanden, welches als Bauvorleistung für eine frühere Trassenführung der A 49 gedacht war und eine Vierspurigkeit zulassen würde. Auch dieser Abschnitt ließe sich kreuzungs- und unfallfrei ausbauen.

Die B 62 zwischen Kirchhain und Cölbe ist bereits als Kraftfahrstraße ohne Ortsdurchfahrten ausgebaut und ließe sich durch relativ geringfügige bauliche Optimierungen in ihrer Leistungsfähigkeit steigern. Sie fädelt unmittelbar in Geradeausrichtung in die B 3 des Abschnitts Cölbe-Marburg-Gießen, in Fortsetzung mit dem Gießener Ring ein, so dass eine durchgängige Verbindung als Kraftfahrstraße zwischen Schwalmstadt und Gießen mit direkter Erschließung des Oberzentrums Marburg (75.000 Einwohner) gegeben ist.

Es ist zu überlegen, ob man die beschriebene Trasse dann durchgängig vom Autobahnende bei Schwalmstadt bis nach Cölbe zur Übersichtlichkeit als B 3 bezeichnet.

D) Belastung der Stadt Marburg durch die B 3

Der Bau der vierspurigen B 3 mitten durch die Universitäts- und Kreisstadt Marburg, welche im Volksmund als „Stadtautobahn Marburg“ bezeichnet wird, ist ebenfalls nicht hinnehmbar und bedarf in jedem Fall einer Lösung. Dass die Gremien der Stadt Marburg einem vorweg beschriebenen Ausbau der B 454 und der B 62 zu einer durchgängigen Kraftfahrstraße unter den Umständen nicht zustimmen und dass auf der Basis auch die Maulbachtrasse der A 49 entworfen wurde, erschließt sich uns vollständig. Wir verweisen da gerne auf das Buch Stadt-Lahn-Autowahn von Winfried Wolf.

Wir fordern daher, die B 3 im Stadtbereich Marburg einzuhausen. Aus unserer Sicht ist die Einhausung der B 3 auch schon bei der heutigen Verkehrssituation unabdingbar und selbst dann, wenn die A 49 25 km weiter östlich gebaut werden sollte. Die steile Tallage im Lahntal lässt in einen anderen Lärmschutz mit effektiver Wirkung nicht zu. Nur durch eine Einhausung kann die Lebensqualität in Marburg geschaffen werden, neue Aufenthaltsbereiche als Übergang und Verknüpfung der Eisenbahnstrecke, der Lahn und der Innenstadt/Altstadt/Oberstadt erfolgen.

Teil 4: Fazit

Mit den zwei Gesamtwerken, dem maximalen Ausbau der Schiene zwischen Gießen, Marburg und Kassel einerseits und der optimierten Verkehrsachse B 3-B 62-B 454-A 49 andererseits lassen sich alle nötigen Verkehrsbeziehungen für die Zukunft abbilden.

Selbst der weiträumige Verkehr zwischen dem Großraum Gießen-Wetzlar und Kassel, welcher ab dem Gießener Nordkreuz lieber die B 3 über Marburg nach Kassel nutzt, anstatt über die A 5 und die A 7 zu fahren, könnte mit den optimierten Bundesstraßen sorgenfrei für die Menschen die betroffenen Landkreise Marburg-Biedenkopf und Schwalm-Eder durchfahren.

Es braucht daher keinen Neubau der A 49 im aktuell vorgesehenen Trassenverlauf.

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