PRO BAHN Hessen hat starke Bedenken bei den geplanten 9-Euro-Monatstickets, fordert soziale Kriterien – Besser ist eine deutliche prozentuale Absenkung aller Fahrpreise – Es droht danach die Gefahr des Kahlschlags wegen der Schuldenbremse ab 2023

Landesvorstand des PRO BAHN Landesverbandes Hessen berät zu seiner jüngsten Sitzung in Lollar das aktuelle Thema.

Der PRO BAHN Landesverband Hessen zeigt sich erfreut und überrascht, dass in der beträchtlichen Höhe mit dem Entlastungspaket II des Bundes, auch der Öffentliche Personennahverkehr deutlich unterstützt werden soll.

Die Fahrgastaktiven stellen jedoch die Frage, ob es denn wirklich klug ist, diese Mittel nur für den Zeitraum von drei Monaten in der eindimensionalen Form zu verwenden. Durch die unterschiedlichen Organisationsformen des Öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV), in den Bundesländern und Regionen, entstehen massive Ungerechtigkeiten. So stellt sich die konkrete Frage, für welche Strecke, für welches Gebiet solch ein 9-Euro-Ticket denn überhaupt gilt. Damit würden Fahrgäste in einem kleinräumigen Gebiet so gut wie immer einen deutlichen Nachteil haben gegenüber denen, welche für 9 Euro in einem ganzen Bundesland den ÖPNV nutzen können.

Der PRO BAHN Landesverband Hessen hätte es viel besser gefunden, die Fahrpreise im kompletten Sortiment um 10-15% zu reduzieren, somit deutlich günstiger anzubieten, vom Kurzstreckenticket bis zur Jahreskarte. Damit wären die Verkehrsverbünde und Verkehrsbetriebe schnell handlungsfähig. Zudem sollte der Zeitraum der Preissenkung deutlich länger sein als nur drei Monate. Hier wäre es wünschenswert, dies mindestens bis zum Jahresende 2022 festzulegen, so der PRO BAHN Landesvorsitzende Thomas Kraft.

Für sehr viele Menschen im geregelten Arbeitsverhältnis entstehen für die ÖPNV-Nutzung gar keine oder sehr geringe Kosten, nämlich für alle Landesbediensteten in Hessen, viele Kreis- und städtische Bedienstete, die ein kostenloses Jobticket erhalten. Auch viele Beschäftigte in größeren Betrieben erhalten ein günstiges (10 – 40 € monatlich) Jobticket für das gesamte Verbundgebiet. Nur die Menschen, die über gar kein oder ein sehr geringes Einkommen verfügen und Sozialleistungen beziehen müssen, diese müssen den vollen Preis zahlen, zu welchem sie vielfach nicht in der Lage sind.

Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales errechnete Regelbedarf für Verkehr beträgt weniger als 40 € monatlich (und dieser Satz umfasst neben dem ÖPNV und Bahnverkehr auch Fahrradzubehör, -reparatur). Bei Bedarfsgemeinschaften und Familien verringert sich der Regelsatz für Verkehr, z.B. bei Personen ab 18 Jahren, die in der Wohnung der Eltern leben, auf ca. 30 €. Das reicht gerade dafür, um dreimal im Monat eine Tageskarte für eine Distanz von 10-15 km zu kaufen.

Sinnvoller und sozial gerechter wäre es daher auch, statt für drei Monate 9 € für alle ÖPNV-Nutzer/innen anzubieten, lieber dauerhaft die Monatskarten im ÖPNV für 9 € oder zumindest maximal 30 € an alle Sozialleistungsberechtigten abzugeben.

Auch Studierende, Schülerinnen und Schüler mit ihren Semester- und Schultickets gehen leer aus, so der Stellv. Landesvorsitzende Werner Filzinger.

PRO BAHN blickt in Hessen aber auch deutlich über das Jahr hinaus. Das angekündigte Festhalten an der Schuldenbremse durch Bundesfinanzminister Lindner lässt befürchten, dass ab 2023 sowohl mit dem Stopp von Investitionen und dem Einfrieren der Höhe von Mitteln für den laufenden Betrieb zu rechnen ist, langfristig gar mit Leistungskürzungen. Die Frage, ob denn seit Jahrzehnten geforderte Investitionen in die Schiene wegen der Staatsverschuldung dann noch weitere Jahrzehnte warten müssen, welche eigentlich aktuell endlich zur Umsetzung angesagt sind, wird von den Fahrgästen gestellt werden. Die Politik muss hierauf schnellstens ehrliche Antworten geben.

Daher ist der PRO BAHN Landesverband Hessen einerseits über die gemachten Finanzzusagen erfreut, sieht jedoch die Notwendigkeit, bis 2024 die Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen von dem durch die Corona-Pandemie und das aktuelle Weltgeschehen entstandenen Mindereinnahmen zu 100% zu ersetzen und zudem ein Langfristkonzept zur Finanzierung des ÖPNV in Deutschland aufzustellen, welches keine hohen Fahrpreise, mehr Angebote von Bus und Bahn und einen Infrastrukturausbau beinhaltet, so Kraft und Filzinger abschließend.

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